Biologischer Weinbau in Spanien


Weinbau nach traditionellen Methoden wird groß geschrieben in Spanien. Vielerorts besinnt man sich wieder auf die meist seit Generationen überlieferten Praktiken im Weinanbau, familiäre Rezepturen und Produktionsverfahren in der Weinherstellung, um der industriellen Massenproduktion und der damit immer zwangläufig verbundenen Reduzierung des Geschmacks und Eigencharakters bei Wein, ganz entschlossen und kraftvoll zu begegnen. Immerhin blickt Spanien bei dem Thema Weinbau und Weinkultur bis auf die Zeit der Ankunft der Phönizier um 2000 vor Christi Geburt zurück. Bezieht man noch die neuen und vollkommen computergesteuerten Techniken und Verfahren von der Aufzucht der Trauben bis zur Flaschenabfüllung, vieler Grosskellereien und Weinbauern wie z. B. im kalifornischen Napa Valley in seine Überlegungen beim Weinkauf mit ein, so wird für die ständig wachsende Gemeinde der Liebhaber des Individuellen ganz schnell klar, warum biologischer Weinanbau vielerorts einen ständig größer werdenden Bedarf beim Verbraucher zufriedenstellen kann. 

Da industrieller Weinbau zu einem großen Teil gerne gentechnische wie auch rein chemische Verfahren zur Kultivierung der Rebstöcke und in der Weinherstellung anwendet, ist er in der Fachwelt der nachhaltig geprägten Winzer und Weinbauern sowieso äußerst umstritten. Weine komplett am Computer konzipiert, werden niemals den Gaumen von Feinschmeckern, naturfreundlich geprägten Enthusiasten und wirklichen Weinkennern tief beeindrucken können. Man versuche sich nur einmal ansatzweise vorzustellen was ein solches Wein Design aus Überssee dem Weinfreund mit entsprechender Geschmackssensorik zumuten soll. In diesem Zusammenhang noch von Eigencharakter oder sortentypischen Geschmack sprechen zu wollen, läßt doch eine gewisse Arroganz und Selbstüberschätzung dahinter vermuten. Unabhängig davon haben wissenschaftlich gestützte Önologie und Biotechnologie seit geraumer Zeit im Weinbau ihren berechtigten Platz, da sie bei richtiger Anwendung positive Auswirkungen auf den gesamten Ökolandbau bewirken. 

Wir haben seit 2006 in Spanien die unterschiedlichsten Regionen besucht und dabei unsere Aufmerksamkeit auf den biologischen Weinanbau vielerorts ausgerichtet. Natürlich ist gerade in der heutigen Zeit Chardonnay nicht gleich Chardonnay und schon gar nicht ist biologisch mit biodynamisch, ökologisch und ähnlichem gleichzusetzen. Vorsicht!!! Gesundes Urteilsvermögen ist geboten, mit welchen Herstellern und Produzenten man in der Kategorie der Bioweinbaubetriebe langfristig und verläßlich zusammen arbeiten kann, und wessen Erzeugnisse man als Importeur seinen Konsumenten anbieten oder letzten Endes doch nur zumuten will? Ein weiterer Grund sich eingehender mit dem Thema biologischer Weinbau bzw. Ökoweinbau in südlichen Anbaugebieten etwas intensiver zu beschäftigen liegt in der Tatsache begründet, dass die klimatechnischen Voraussetzungen auf der iberischen Halbinsel grundsätzlich der Gefahr des Schädlingsbefalls von Rebflächen, wie sie in feuchteren Weinbauregionen Europas öfter anzutreffen ist, in Teilbereichen schon auf natürliche Weise vorbeugen. Bedingt durch die höheren Temperaturen im Jahresdurchschnitt kommen bestimmte Krankheiten gar nicht oder nur in relativ abgeschwächter Form vor. Biologischer Weinbau bzw. Öko Weinbau bei der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen bedingt schon in der Planungsphase und anfänglichen Projektierung wesentlich andere und breiter differenzierte Verfahren, welche meist in einem krassen Gegensatz zu den industriellen Anbaumethoden für Wein stehen, und die mit einem erheblichen Mehraufwand an Arbeit verbunden sind. Ebenfalls gestaltet sich der weitere Ausbau von Wein nach der Ernte in vielerlei Hinsicht anders, als man es vom konventionellen Weinbau her kennt. So nimmt der Bioweinbauer auf Dauer eine geringere Traubenausbeute in Kauf, welche langfristig jedoch eine intensivierende Wirkung auf den Geschmack und Charakter der so erzeugten Weine hat. 

Die Böden verbleiben von vorne herein in einem gesunden/gesünderen Zustand und ermöglichen eine nachhaltige Bewirtschaftung, da auf den Einsatz chemischer Düngemittel, Unkrautvertilger und insektenartenvernichtender Schädlingsbekämpfungsmittel verzichtet werden muß! Die im konventionellen Landbau übliche Ausbeutung der Böden bleibt außen vor, da eine leistungsintensive Bewirtschaftung ganz vermieden wird. Ferner begegnet man so erfolgreich der weit verbreiteten Gefahr üblicher Arten Resistenzbildung in Monokulturen, welche im Regelfall eine ständig zunehmende Erhöhung der Gebrauchsmengen an Chemiedünger, Herbiziden und Insektiziden mit sich bringt. Dadurch entstehen neue und natürlich geartete Lebensräume sowie eine Vielzahl bereits vergangener bilden sich langsam wieder zurück. Einst dort vorkommende Vogelarten, Insekten und sonstige Kleintiere können sich im Normalfall erfolgreich wieder ihre ehemaligen Lebensräume zurück erobern. Pfiffige Weinbauern unterstützen solche Tendenzen zusätzlich noch durch die Ansiedlung von Bienenvolk in ihren Weinbergen natürlich auch, um damit für eine gute Bestäubung ihrer Weinreben während der Blütezeit zu sorgen. Auf diese Weise tragen sie ganz nebenbei zu einer Verminderung des momentan global weit verbreiteten Bienensterbens bei. Schafhaltung und der regelmäßige Trieb der Herden über die Rebfläche reduzieren Bodenbewuchs und Unkraut im Weinberg auf erträgliche Mengen. Pflanzungen von Hecken, Strauch- und Bodengewächsen, sowie die Anlage kleiner Biotope in der Nachbarschaft zu biologisch bewirtschafteten Böden sind ebenfalls förderlich und bewirken weitere positive Entwicklungen für einen ganzen Landstrich. Als angenehmer Nebeneffekt sinkt die bisherige Gesamtbelastung an Schadstoffen in Erde, Luft und Grundwasser. Zusätzlich verringert sich die atmosphärische Belastung mit Kohlendioxid. Eine Betrachtung des Themas unter dem Gesichtspunkt der in manigfaltiger Hinsicht höchst nachteiligen Auswirkungen des Einsatzes von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft und ihrer Spätfolgen auf die menschliche Gesundheit, läßt bei objektiver Bewertung nur noch Argumente gelten, welche für die Zukunft eindeutig in die Richtung Biolandbau/Ökolandbau weisen.

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